5. Juni 2011

Bergbauspuren im Westharz [2]


Am Wiemannsbuchtschacht  bei Bad Grund

Wir verlassen den Medingschacht bei Silbernaal in nordwestlicher Richtung. Der Weg führt uns weiter auf der "Harzhochstraße" (B 242) immer näher nach Bad Grund - die älteste der sieben Oberharzer Bergstädte. Die Fahrt ist nur kurz: Nach etwa einem Kilometer ab dem Straßenabzweig nach Wildemann und Lautenthal erreichen wir den "Taternplatz"-  früher Roma-Lagergebiet, heute ein reichlich genutzter Wanderparkplatz und wichtiger Knotenpunkt für Mountainbiker und Start für Wintersportler. Vom Parkplatz auf der linken (südlichen) Straßenseite geht parallel (und unterhalb) der Harzhochstraße - der bisherigen Fahrtrichtung folgend - ein bequemer Wanderweg zur "Wiemannsbucht". Diese könnte man als flacher "Talkessel" eines kleinen Hochtales östlich von Bad Grund beschreiben. Manche sehen hierin das "Tor zum Oberharz".

Abb.1 : Nicht zu übersehen: Informationstafel am Schulte-Stollen

Bereits nach ca. 700 m liegt linkerhand an einer Wegegabelung das westl. Mundloch des "Schulte-Stollens" hinter einer auffälligen Informationstafel. Morsche Bohlen und stark korrodierte Gleise im Stollen und im Gerinne lassen das Alter der Auffahrung (1834 bis 1838) erahnen. In unmittelbarer Umgebung zeigen sich weitere, zerfallene Komponenten des Wasserlaufsystems, das als "Grunder Gefälle" die drei wichtigsten Schachtanlagen des Erzbergbaus in Bad Grund versorgte. Auch dieses  System ist Bestandteil des "Oberharzer Wasserregals.

Abb. 2: Überreste der Tretanlage („Tretwerk“)  vor dem Mundloch
Abb. 3: Ab hier geht’s wieder unterirdisch weiter. Rechen und Betonröhre
Abb. 4: Blick hinein in den vergitterten Schulte-Stollen
Wir folgen dem Wanderpfad, der den Spuren nach auch von Mountainbiker und Quad-Fahrern ausgiebig genutzt wird, nach Süden, um hinter einer überwachsenen Halde rechts auf die Waldlichtung zu treten.  Unscheinbar ragt links alsbald das kleine stählerne Fördergestell des Wiemannsbuchtschachtes aus den Baumkronen. Zusammen mit dem in Teil 1 genannten Medingschacht bildete er die markantesten Tagesanlagen der Grube Bergwerkswohlfahrt im ehemaligen "Ostfeld" auf dem Silbernaaler Gangzug.

Abb. 5 : Fördergerüst Wiemannsbuchtschacht
Ab dem 1. Weltkrieg wurde der Schacht in mehreren Perioden bis auf ca. 762 abgeteuft. Der ehemalige Blindschacht wurde nicht zuletzt durch die Produktionsverlagerung vom Medingschacht weiter nach Westen von oben als Tagesschacht ausgebaut. Von der Schachtröhre mit bis zu 4 m Durchmesser führen 17 Sohlenabgänge ins Abbaufeld.
Am Beginn der 1970'er-Jahre erfolgte der Umbau des Schachtes zu einem reinen Bergeförderschacht mit Einbau einer Skipanlage bei gleichzeitiger Erhöhung der Fördergeschwindigkeiten. Die Berge wurden auf der benachbarten, heute größtenteils begrünten Halde abgeschüttet.
Nutzen Sie die Gelegenheit, das Gebiet rund um den Wiemannsbuchtschacht zu erkunden und sich von der ruhigen, fast intimen und überaus großartigen Szenerie überwältigen zu lassen. Selten habe ich so idyllisch liegende Tagesanlagen eines stillgelegten Bergbaubetriebes gesehen wie hier. Das Gelände befindet sich in Privatbesitz; respektieren Sie bitte die Rechte der Grundstücksnutzer.

Abb. 6 : Tagesanlagen
Abb. 7: Bergehaldenbereich nördlich des Areals
Vielleicht ist es mit der Ruhe in der Wiemannsbucht bald vorbei. Erst vor wenigen Wochen ging (nicht nur) durch die lokale Presse ein Plan zur Errichtung eines unterirdischen Pumpspeicherwerkes im Grubengebäude um die Schachtanlage in der Wiemannsbucht:


Hierzu müsste der zubetonierte Schacht wieder geöffnet und die Strecken "gesäubert" bzw. ausgebaut werden. Wird das bis 200 Millionen Euro teure Vorhaben umgesetzt, so gelangt
etliches Material davon bestimmt auf die Halde; Gesteins- und Mineralsammler wird es freuen. Angetroffenes Erz soll wirtschaftlich genutzt werden: Erzfunde oder ähnliches "genießen Vorrang und würden abgebaut“, sagte Schmidt (EFZN). Es bliebe allerdings zu klären, ob und wo das Erz aufbereitet werden soll. Das naheliegende Zentrum der ehemaligen "Grube Hilfe Gottes" rund um den Achenbachschacht liegt brach und ist dem stetigen Zerfall freigegeben.
Das Projekt klingt, finde ich, auch technisch sehr interessant. Leistungen von bis 400 MWh und Pegelabstände bis 900 m zwischen Ober- und Unter"becken" sind untersucht worden. Bleibt zu hoffen, dass das Vorhaben realisiert wird. Der ehemaligen Bergstadt Bad Grund, die nach Einstellung des Erzbergbaus im Harz außer Tourismus, Kurwesen und vielleicht noch Kalksteinabbau am Winterberg keine sonderliche Einnahmequellen mehr zu verzeichnen hat, wäre dieses zu wünschen, würden so die Sorgen vor dem endgültigen Niedergang weichen. Auch Mineralsammler hätten wieder einen Grund öfters in den Harz zu fahren.

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